Marguerite Bérard, ABN Amro. Credits: ANP Robin van Lonkhuijsen
Marguerite Bérard, ABN Amro. Credits: ANP Robin van Lonkhuijsen

ABN Amro hat sich zum Ziel gesetzt, im Private Banking zu den fünf führenden Banken Europas zu gehören. Um dies zu erreichen, muss das Kundenvermögen bis 2028 jährlich um 8 bis 10 Prozent auf mehr als 335 Milliarden Euro steigen. Gleichzeitig will die Bank das Aufwand-Ertrag-Verhältnis in der Vermögensverwaltung auf unter 60 Prozent senken. Derzeit liegt dieses Verhältnis bei 69 Prozent.

Choy van der Hooft-Cheong, im Vorstand von ABN Amro verantwortlich für Wealth und Private Banking, erläuterte die Pläne am Dienstag während eines Investorentages der Bank. Laut van der Hooft sucht ABN Amro vor allem nach Wachstum in den Zielgruppen Unternehmer, jüngere Generationen und weibliche Kunden. Die kaufmännischen Bemühungen für diese Gruppen werden in den kommenden Jahren erheblich verstärkt, was zu einem jährlichen Nettozufluss von 5 bis 7 Milliarden Euro an ‚neuem Geld‘ führen dürfte.

„Gleichzeitig werden wir die Kosten stabil halten, unter anderem indem wir die Organisation vereinfachen und die Kette effizienter gestalten“, sagte van der Hooft. „Das Ergebnis wird ein niedrigeres Aufwand-Ertrag-Verhältnis sein.“ Die Rentabilität der Vermögensverwaltung werde dann zunehmen. Die Bank strebt eine Erhöhung der Eigenkapitalrendite von 20 auf 23 Prozent für diesen Geschäftsbereich an. Auf der Ertragsseite sieht die Bank nach eigenen Angaben unter anderem im Asset Management Spielraum für eine Ausweitung der Umstellung auf Vermögenswerte mit höheren Gebühren: Die Bank möchte also mehr Anlageprodukte mit höheren Margen verkaufen.

Einstellungsstopp

Die Ziele von ABN Amro im Private Banking wurden am Dienstag im Rahmen der Bekanntgabe der Gesamtstrategie für die kommenden Jahre von CEO Marguerite Bérard, die ihr Amt in diesem Jahr angetreten hat, erläutert. Sie nannte drei Ziele: Gewinnwachstum, Kostensenkung und besserer Einsatz von Kapital dort, wo es die höchste Rendite abwirft.

Die Kostensenkung wird vor allem durch den Abbau von 5200 Stellen, gerechnet ab 2024, erreicht. Das ist etwa ein Fünftel der Gesamtbeschäftigtenzahl. Etwa tausend Beschäftigte haben die Bank in den letzten 12 Monaten bereits verlassen. Im April dieses Jahres – als Bérard ihr Amt antrat – wurde ein Einstellungsstopp verhängt. Von den 4200 Vollzeitäquivalenten, die nun noch wegfallen werden, wird etwa die Hälfte durch natürliche Abgänge abgebaut, was bedeutet, dass die Stellen von über 2000 Beschäftigten gestrichen werden.

Wie viele Vollzeitäquivalente in der Vermögensverwaltung und Private Banking wegfallen werden, wurde nicht bekannt gegeben. Es ist jedoch klar, dass KI eine größere Rolle bei der Erbringung von Dienstleistungen, als Werkzeug für Berater und Kundenbetreuer und in Form von mehr Sprach- und Chatbots spielen wird. Dies werde „…Zeit für den Verkauf freimachen“, sagte van der Hooft.

BUX

Das Ziel, das Kapital profitabler zu machen, hat insbesondere Auswirkungen auf das Firmenkundengeschäft. Einige Aktivitäten dieses Geschäftsbereichs werden eingestellt und insgesamt wird die Kapitalallokation für das Firmenkundengeschäft bis 2028 von 68 Prozent auf 50 Prozent sinken. Der dadurch entstehende Investitionsspielraum wird dem Privatkundengeschäft und damit der Vermögensverwaltung und dem Private Banking zugutekommen. ABN Amro investiert zum Beispiel weiterhin in BUX, die Execution-only-Plattform, mit der die Bank jüngere Generationen ansprechen möchte. BUX soll sich zu einer grenzüberschreitenden Plattform entwickeln und strebt ein jährliches Wachstum des verwalteten Vermögens von mindestens 50 Prozent an. 

In den letzten Jahren ist ABN Amro „…weniger gewachsen als der Rest des Marktes“.  Die Bank sei nun dabei, diesen Trend umzukehren, so Bérard.

Im Private Banking sind die Wachstumserwartungen vor allem in Deutschland, wo die Integration von Hauck Aufhäuser Lampe (HAL) nun begonnen hat, hoch. Die Privatbank wird vollständig auf die (einheitliche) ABN Amro-Plattform umgestellt. Van der Hooft sagte am Dienstag, sie wolle mit HAL auf siebzig Filialen und mehr als zweihundert Berater wachsen.

In den Niederlanden hat ABN Amro mit einem Kundenvermögen von 155 Milliarden Euro einen Marktanteil von etwa 35 Prozent, so Bérard. In den letzten Jahren wuchs ABN Amro jedoch „…weniger als der Rest des Marktes“ und die Bank ist nun dabei, diesen Trend umzukehren, sagte sie. In diesem Jahr wurden bereits die Back-Office-Prozesse geändert, die Zahl der wöchentlichen Kundengespräche hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt und im dritten Quartal wurden Nettomittelzuflüsse von 4,3 Milliarden Euro verzeichnet.  

Keine Akquisitionen

ABN Amro möchte das gewünschte Wachstum ‚organisch‘ erreichen. Auf die Frage eines Analysten nach ihrer Präsentation sagte CEO Bérard, sie erwarte vorerst keine Akquisitionen. In diesem Sommer wurde die Übernahme von HAL abgeschlossen und vor Kurzem gab die Bank die Übernahme von NIBC bekannt. „Wir konzentrieren uns jetzt auf die Integration dieser Unternehmen und nicht auf neue Akquisitionen.“

Dem Vernehmen nach werden die Beschäftigten von ABN Amro am Mittwochmorgen über die Pläne informiert. Der starke Abbau von Vollzeitäquivalenten sei jedoch keine große Überraschung, so ein Mitarbeiter von ABN Amro gegenüber Investment Officer. Nach dem im Frühjahr verkündeten Einstellungsstopp und den hohen (natürlichen) Abgängen der letzten Monate machten bereits entsprechende Gerüchte die Runde. In den kommenden Wochen werden die Auswirkungen auf die einzelnen Abteilungen deutlich werden.

Die Anleger äußerten sich am Dienstag positiv über die strategischen Pläne der Bank. Die Aktie legte an der Amsterdamer Börse um fast 6,5 Prozent zu und schloss bei 28,55 Euro. Das ist ein Rekord für den Zeitraum seit November 2015. Damals wurde die Bank – von der niederländischen Regierung – mit einem Einführungspreis von 17,75 Euro wieder an die Börse gebracht. 

Top 5?
Wenn ABN Amro im Private Banking zu den Top 5 in Europa gehören will, muss die Bank – was die Kundenvermögen angeht – noch einen großen Sprung machen. Sollte es ihr tatsächlich gelingen, bis 2028 ein Kundenvermögen von 335 Milliarden Euro zu verwalten, hätte die niederländische Bank – ausgehend von den Zahlen von 2025 – immer noch mindestens sechs europäische Banken vor sich. Denn hinter den Giganten UBS (mehrere Tausend Milliarden an verwaltetem Vermögen) und der britischen HSBC folgen die Deutsche Bank (mit rund 560 Milliarden), BNP Paribas (rund 400 Milliarden Euro) und die beiden spezialisierten Schweizer Privatbanken Julius Bär (483 Milliarden CHF Ende Juni 2025) und Lombard Odier (323 Milliarden CHF). Mit den aktuellen 265 Milliarden Euro an Kundengeldern (einschließlich der deutschen HAL) hat ABN Amro in dieser Hinsicht also noch einen weiten Weg vor sich. Auch Banken wie die italienische Intesa Sanpaolo und die spanische Santander haben schließlich ebenfalls Vermögensverwaltungsabteilungen mit Assets von mehr als 350 Milliarden Euro.

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