Comeback of Europe. Image: Defigners
Europa, Europe

Etwa ein Drittel der in Europa tätigen Vermögensverwalter prognostiziert für 2026 ein Comeback der europäischen Aktien. Sie betrachten Aktien aus der Region als billig und erwarten, dass die in Europa geplanten hohen öffentlichen Investitionen, unter anderem in Verteidigung und Infrastruktur, als Katalysator wirken werden.

Dies geht aus dem Investment Officer‘s Outlook Survey 2026 hervor, einer Umfrage zu den Aussichten für das Jahr 2026 unter mehreren Dutzend international tätigen Fondshäusern.

Auf die Frage nach der Kategorie, die im Jahr 2026 ein Comeback erleben wird, verweist ein Großteil der Fondshäuser auf Europa. Aktien und Anleihen aus Schwellenländern wurden von den Strategen und Investoren, die an der Umfrage teilgenommen haben, ebenfalls häufig genannt. Interessanterweise ist außerhalb dieser beiden großen Kategorien die Streuung zwischen den genannten Comeback-Kandidaten groß. Von US-amerikanischen Value-Aktien bis Kommunalanleihen und von Pharma bis Direktimmobilien: Die Vermögensverwalter haben diesbezüglich sehr unterschiedliche Erwartungen.

Die europäischen Aktien starteten 2025 vielversprechend, fielen aber im April stärker als ihre US-Pendants. Über den gesamten Zeitraum von Januar bis Dezember liegt der amerikanische S&P500 rund 16 Prozent im Plus, der europäische Stoxx Europe 600 liegt bei knapp 14 Prozent. Neun der 28 befragten Fondshäuser glauben, dass in Europa im nächsten Jahr mehr möglich ist. Mehrere Vermögensverwalter verweisen auf die ‚Pause‘, die Europa bei der Erzielung seiner starken Performance in diesem Jahr eingelegt hat. M&G Investments weist ausdrücklich auf die politischen Unruhen in Frankreich hin.

„Bei den Regionen ist Europa der einzige große Aktienmarkt, dessen Multiplikator unter dem Niveau von Anfang 2022 liegt“, erklärt Lilia Peytavin, Strategin bei JP Morgan Asset Management, den Spielraum für Verbesserungen. Auch Roelof Salomons von Blackrock weist auf den ‚Abschlag‘ hin, mit dem europäische Aktien derzeit gehandelt werden. „Es gibt eindeutig ein Aufholpotenzial.“

Die Vermögensverwalter setzen vor allem auf ein solideres makroökonomisches Fundament für europäische Aktien. Die Märkte warten nach den Versprechungen über höhere Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur auf Taten, sagt Fabiana Fedeli, CIO für Aktien bei M&G Investments. Europäische Aktien könnten durch die Stärke der Rüstungs-, Energie- und Finanzbranche gestützt werden, meint Luke Barrs von Goldman Sachs Asset Management. „Zusammen mit möglichen Erholungsphasen in Bereichen, die derzeit unterdurchschnittlich abschneiden.“

Vincent Mortier, Group-CIO von Amundi, bezeichnet insbesondere Finanzinstitute, Industrieunternehmen, Rüstung und Branchen rund um den ökologischen Wandel sowie Small- und Mid-Caps als besonders attraktiv in Europa. Nuveen erkennt ebenfalls Potenzial bei Industrieunternehmen, Unternehmen aus dem Rüstungsbereich und Finanzinstituten.

Deutsche Schuldenbremse

In Bezug auf den Aufschwung in Europa wird Deutschland eine prominente Rolle eingeräumt. Die Strategen betonen, dass die Lockerung der deutschen Schuldenbremse die wirtschaftlichen Bedingungen in Europa verbessern werde, unter anderem aufgrund von mehr budgetärem Spielraum. „Das setzt erhebliche Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur frei“, sagte William Davies, CIO von Columbia Threadneedle. „Gleichzeitig unterstützen niedrigere Zinssätze die peripheren Ökonomien.“ Strategin Laura Cooper von Nuveen: „Das müsste ein wichtiger Katalysator für europäische Risikoanlagen sein.“  

Die DWS geht in Bezug auf das Vertrauen in Deutschland sogar noch weiter. Dieses Fondshaus kürt nicht ganz Europa, sondern speziell Deutschland zur Comeback-Kategorie 2026. Gleichzeitig sehe die DWS in Japan dank der neuen Führung und der Reformen eine Erholung voraus, sagt Vera Fehling, CIO Westeuropa.

Damit ist die DWS nicht allein. Columbia Threadneedle, Capital Group und Invesco erwarten ebenfalls einen Aufschwung in Japan im Jahr 2026. Neben den Reformen im Bereich der Corporate Governance nennen die Vermögensverwalter auch die attraktive Inflationsrate und das Verbesserungspotenzial des schwachen Yen als Gründe für Chancen in Japan im nächsten Jahr.

Schwellenländer: Aktien und Anleihen

Neben Europa werden sich auch die Schwellenländer im Jahr 2026 erholen, so erwartet eine große Gruppe von Fondshäusern. Die Ökonomen Joeri de Wilde und Maritza Cabezas von Triodos IM sagen, dass Schwellenländeraktien schon 2025 gut abgeschnitten hätten. „Wir erwarten, dass sich dies 2026 fortsetzen wird.“ Robeco sieht Schwellenländeraktien ebenfalls positiv, ebenso Schroders. Schroders sieht dabei Chancen „jenseits der großen Vier“ und ganz speziell in Brasilien. „Die Aktienbewertungen sind attraktiv, der reale effektive Wechselkurs ist günstig und die Realzinsen sind sehr hoch, sodass eine Übergewichtung gerechtfertigt ist“, schreibt Aktienstratege Tom Wilson.

Auch die Capital Group betrachtet „ausgewählte“ Schwellenländer als vielversprechend, obwohl das Fondshaus eher auf Anleihen als auf Aktien setzt. Feike Goudsmit: „Vor allem Lateinamerika und Asien bieten attraktive Renditen und Diversifizierung.“

Ehrenvolle Erwähnungen

Abgesehen von diesen beiden häufig genannten Kategorien – die übrigens im Jahr 2025 gar nicht so schlecht abgeschnitten haben – nominieren die Fondshäuser einige Comeback-Kandidaten, die noch einen langen Weg vor sich haben. Ein Beispiel sind etwa die von Aberdeen erwähnten globalen direkten Immobilienanlagen. „Der Rendite-Zyklus scheint sich in der Anfangsphase eines anhaltenden Aufwärtstrends zu befinden, der durch ein geringes Angebot und neue Themen wie Datenzentren unterstützt wird“, meint Paul Diggle, Chefökonom bei Aberdeen. Corné van Zeijl von Cardano antwortet auf die Frage nach der Comeback-Kategorie 2026: „Langweilige Branchen wie Lebensmittel und Immobilien. Nicht sehr beliebt, aber die Underperformance der Branchen steht nicht im Einklang mit ihren Gewinnentwicklungen.“  

Zu guter Letzt: britischen Aktien, die von Pictet Asset Management genannt werden. „Sie sind extrem billig und durch ein schwächeres Pfund gestützt“, so Chefstratege Luca Paolini.

Investment Officer Outlook Survey 2026
Dieser Artikel gehört zu einer fünfteiligen Serie basierend auf einer Umfrage, die Investment Officer im November an in Europa tätige Vermögensverwalter verschickt hat. Die Ergebnisse stammen von schriftlichen Antworten von Strategen und Investoren bei Aberdeen, Aegon Asset Management, Amundi, Blackrock, Capital Group, Cardano, Carmignac, Columbia Threadneedle Investments, Comgest, DWS, Fidelity International, Goldman Sachs Asset Management, Invesco, JP Morgan Asset Management, Legal & General Investment Management, M&G Investments, MFS Investment Management, Natixis Investment Managers, Northern Trust Asset Management, Nuveen, PGIM Fixed Income, Pictet Asset Management, RBC Bluebay, Robeco, Schroders, Triodos Investment Management, Van Lanschot Kempen und Vanguard. Zusammen verwalten diese Vermögensverwalter ein geschätztes Vermögen von 54 000 Milliarden Dollar weltweit, was mehr als 40 Prozent des Marktes entspricht.

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