Das Wachstum auf dem Markt für nachhaltige Anleihen stockt, aber Experten erwarten keine Refinanzierungsprobleme. Die Nachfrage nach grünen Schuldverschreibungen ist nach wie vor groß.
Mit dem Amtsantritt von Donald Trump im Weißen Haus hat sich auch der Markt für grüne Investitionen verändert. Trumps Politik läuft dem globalen Trend zur Nachhaltigkeit zuwider und hemmt das Wachstum des Marktes für nachhaltige Anleihen. Im vergangenen Jahr wurden grüne, soziale und nachhaltigkeitsbezogene Anleihen im Wert von etwas mehr als 1000 Milliarden Dollar ausgegeben. Bisher seien die Emissionen nachhaltiger Anleihen in diesem Jahr jedoch um etwa 10 Prozent gefallen, sagt Jessica Zarzycki, Portfoliomanagerin für das Global-Fixed-Income-Team von Nuveen, im Gespräch mit Investment Officer.
Zarzycki rechnet jedoch damit, dass sich der Markt erholen und im Laufe des Jahres das gleiche Niveau wie 2024 erreichen wird. Europa ist in dieser Hinsicht mit einem Anteil von etwa 50 Prozent am Primärmarkt führend. Ein Grund für die Wachstumsverlangsamung sei, dass es für europäische Unternehmen etwas teurer geworden ist, Anleihen in Dollar auszugeben, sagt Zarzycki.
Die stärkste Verlangsamung ist jedoch auf dem US-Markt für Investment-Grade-Unternehmensanleihen zu beobachten. „US-Unternehmen verweisen auf die anhaltende Marktunsicherheit, die durch die erratische Politik von Präsident Donald Trump verursacht wird“, sagt Zarzycki. Der zugrunde liegende Business Case sei jedoch weitgehend intakt geblieben. „Die Kernbotschaft bleibt: Investitionen in erneuerbare Energien bleiben langfristig rentabel. Daher sehen wir die derzeitige Zurückhaltung eher als eine Frage des Aufschubs denn der Absage.“
Nachhaltige Anleihen seien in den USA, Europa und zunehmend auch in Asien nach wie vor sehr gefragt, sagt Zarzycki. „Investoren wollen ihr Geld in großen Schritten nachhaltig anlegen und der Anleihenmarkt ist dafür neben Private Equity ideal geeignet“, betont sie und verweist auf den Erfolg der jüngsten Emissionen. „Kürzlich kam eine koreanische Bank mit einer nachhaltigen Anleihe auf den Markt, die zehnfach überzeichnet war. In Europa hat der deutsche Energieversorger RWE vor einigen Wochen eine grüne Anleihe emittiert, die ebenfalls um ein Vielfaches überzeichnet war.“
Solide Kreditwürdigkeit
Zarzycki will sich nicht dazu äußern, ob Neuemissionen im Vergleich zu herkömmlichen Anleihen noch einen Aufschlag haben. „Das Greenium ist schwer zu beziffern, liegt aber wahrscheinlich immer noch bei nur ein oder zwei Basispunkten.“ Dennoch hat es noch Vorteile für Unternehmen, nachhaltige Anleihen auszugeben. „Erstens können sie neue Investoren erschließen und so das Risiko auf verschiedene Finanzierungsquellen verteilen. Wenn Unternehmen in bestimmte nachhaltige Projekte investieren, die mittelfristig einen stabilen Cashflow liefern, kann man zweitens erwarten, dass die Risikoprämien im Laufe der Zeit sinken.“
Im nächsten Jahr müssen grüne, soziale und nachhaltige Anleihen im Wert von rund 400 Milliarden Dollar refinanziert werden, schätzt Zarzycki. Wenn man weiter gefasste Kategorien sogenannter ‚nachhaltiger Schulden‘ einbezieht, darunter auch Anleihen, die zwar auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, aber nicht streng gekennzeichnet sind, steigt diese Zahl laut Bloomberg auf rund 1000 Milliarden Dollar. Zarzycki betont, dass Nuveen sich auf den gelabelten Markt konzentriere, wo die Renditen direkt in nachhaltige Projekte fließen und die Ergebnisse messbar sind.
Regierungen, supranationale Organisationen und andere regierungsnahe Institutionen nehmen den Löwenanteil davon ein. Beispiele sind die Europäische Investitionsbank und die Weltbank. „Darüber hinaus werden Versorgungsunternehmen und Banken weiterhin viele grüne Anleihen ausgeben. Es wird erwartet, dass neue Anleihen im Wert von 800–1000 Milliarden Dollar pro Jahr hinzukommen werden, sodass die Größe des Marktes zumindest stabil bleibt“, sagte Zarzycki.
Auch auf der Nachfrageseite sieht Zarzycki keine Schwierigkeiten. „Investoren wollen sicherstellen, dass sie eine gute Rendite für Kreditrisiken erhalten, und das ist in diesem Segment im Allgemeinen der Fall. Die Emittenten sind meist von überdurchschnittlicher Qualität und können sich problemlos refinanzieren, sei es auf dem nachhaltigen oder dem konventionellen Anleihemarkt.“
US-Staatsanleihen
Nach Meinung von Gerard Moerman (Foto), Leiter des Bereichs Anleihen bei Aegon Asset Management, gibt es immer noch einen Bedarf an nachhaltigen Anleihen, insbesondere in Europa. „Wir alle wollen zu einer nachhaltigeren Welt beitragen und das können wir unter anderem durch diese Anleihen erreichen. Es gibt immer noch viel Geld in manchen Bereichen und die Emissionen von nachhaltigen und normalen Anleihen sind mehrfach überzeichnet. Nachhaltige Anleihen sind noch etwas begehrter, sodass keine Refinanzierungsprobleme drohen.“
Die Kundenportfolios von Aegon enthalten unter anderem aufgrund der europäischen Vorschriften bereits viele nachhaltige Anlagen und das Interesse daran ist laut Moerman weiterhin groß. So erhält Aegon beispielsweise häufig Anfragen von seinen spanischen Kunden, die Standardfonds mit einem bestimmten Minimum an nachhaltigen Anlagen aufzufüllen. „Das können nachhaltige Anleihen sein, aber auch Anleihen von Unternehmen, die von uns ein nachhaltiges Label erhalten haben. Wir verfolgen bewusst einen ganzheitlichen Ansatz, um nicht von Unternehmen abhängig zu sein, die spezielle nachhaltige Anleihen emittieren, da es sich dabei in der Regel nur um Finanzwerte, Versorger und Immobilienunternehmen handelt. Vor allem in anderen Sektoren wie der Industrie können wir viel bewirken, zum Beispiel indem wir zum Übergang zu grünem Stahl beitragen.“
Er stellt fest, dass sich die Anleger auch zunehmend für nachhaltige Staatsanleihen interessieren. Auch hier verfolgt Aegon einen ganzheitlichen Ansatz, anstatt sich auf das Universum der nachhaltigen Anleihen zu beschränken. „Anhand der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zeigen wir auf, welche Fortschritte die Länder im Bereich der Nachhaltigkeit machen. Nur Länder, die gut abschneiden, kommen in unser Anlageuniversum“, sagt Moerman. „Nachdem Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen ist, haben wir das Rating der USA herabgestuft und US-Staatsanleihen kommen für unseren dunkelgrünen Anleihenfonds nicht mehr in Betracht. Länder wie Finnland und Portugal geben keine grünen Anleihen aus, schneiden dafür aber in Sachen Nachhaltigkeit sehr gut ab. Es sind genau diese Länder, die wir auch finanzieren wollen.“