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ESG-Investitionen mögen politisch heikel sein, aber neuen Zahlen von Invesco zufolge fließt dennoch weiterhin Geld in diese Bereiche. Der Natixis IM‘s Media Summit in New York im November hat einmal mehr gezeigt, wie stark die Meinungen zu diesem Thema zu beiden Seiten des Atlantiks mittlerweile auseinandergehen.

Auf der Bühne vertraten ein texanischer und ein Pariser Portfoliomanager aus dem erlesenen Affiliate-Netzwerk von Natixis völlig gegensätzliche Ansichten über die Zukunft von nachhaltigen Investments.

Adam Rich„Wenn es eine Blase gibt, dann bei ESG“, sagte Adam Rich, stellvertretender CIO und Portfoliomanager der in Houston ansässigen Investmentgesellschaft Vaughan Nelson. Ihm zufolge haben viele sogenannte nachhaltige Themen länger Bestand, als es wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Regierungen halten die Probleme künstlich am Leben, argumentierte Rich.

VarletSoliane Varlet, Managerin für den Bereich nachhaltige Investments bei Mirova in Paris, ist da ganz anderer Meinung. „Es gibt keine Blase bei ESG-Investitionen“, sagte sie. Sie räumte zwar ein, dass einige nachhaltige Segmente in den letzten Jahren unter Druck geraten seien, ist aber der Meinung, dass das politische Argument „…völlig am Thema vorbeigeht.“ 

Der jüngste ETF-Bericht von Invesco bestätigt die Ansicht, dass ESG-Investitionen keineswegs tot sind: Europäische Nachhaltigkeits-ETFs hatten im Oktober ihren zweitbesten Monat aller Zeiten. ESG-ETFs zogen 13,2 Milliarden Dollar an, was mehr als ein Drittel aller UCITS-Zuflüsse und die höchsten monatlichen Zuflüsse seit 2023 darstellt.

Alle ESG-Unterkategorien verzeichneten Zuflüsse, von Klimafonds bis hin zu Themenfonds für erneuerbare Energien. Sogar die US-amerikanischen ESG-Aktien-ETFs, die in diesem Jahr mit starken Abflüssen konfrontiert waren, sind wieder im Kommen.

Trend-Wiederholung

Dennoch ist ESG Rich zufolge „nur die neueste Verpackung“ eines alle zehn Jahre wiederkehrenden Anlagetrends. „Früher nannte man es SRI oder nachhaltiges Wachstum. Jetzt kleben wir das Etikett ‚ESG‘ darauf.“

Sobald die politische Unterstützung schwinde oder die Budgets knapper werden, geraten diese Geschäftsmodelle unter Druck, sagte er. Das seiner Meinung nach deutlichste Beispiel dafür, was schiefgehen kann, wenn die Politik den Markt steuert, sind die erneuerbaren Energien. „Die Energiedichte ist unzureichend. Die Physik ist falsch und das Wirtschaftsmodell ist falsch.“ Ohne Subventionen werden viele Technologien Rich zufolge nicht überleben. „Wenn diese Unterstützung wegfällt, bricht die Branche zusammen.“

Die ersten Anzeichen dafür seien bereits sichtbar. Die ESG-Politik „bröckelt weltweit“, da die Regierungen nicht mehr für die Kosten aufkommen können. „Sie müssen immer mehr Geld ausgeben, um diese Branchen über Wasser zu halten, und das ist im Moment einfach zu teuer.“ 

Explodierende Nachfrage nach Strom

Varlet blickt auf ganz andere Kräfte. Sie verweist auf die explodierende Nachfrage nach Strom durch KI-Rechenzentren, Reindustrialisierung und Energiesicherheit. „Die Energieinfrastruktur ist ein sehr attraktives Thema. Das Stromnetz ist für den Anschluss neuer Kapazitäten unerlässlich“, sagte sie. Erneuerbare Energien profitieren ihrer Meinung nach davon, weil sie zu den billigsten und am schnellsten umsetzbaren Lösungen gehören.

Dieses Bild deckt sich mit der Analyse von Invesco, die besagt, dass erneuerbare Energien oft die schnellste und kostengünstigste Antwort auf den steigenden Energiebedarf von KI-Rechenzentren sind.

Ein Vergleich zwischen dem iShares Global Energy ETF und seinem sauberen Gegenstück zeigt jedoch, dass Investitionen in traditionelle Energieunternehmen in den letzten fünf Jahren deutlich besser abgeschnitten haben.


Chancen außerhalb des ESG-Spielfeldes

Laut Rich finden sich die attraktivsten Chancen der Energiewende nicht in herkömmlichen ESG-Themen. „LNG ist im Moment die beste Wahl“, sagte er. Seiner Meinung nach unterschätzt der Markt, wie knapp das Angebot mit der Zeit werden wird. „Es gibt jetzt eine Illusion des Überflusses, während sich die Nutzung von Flüssigerdgas in zehn Jahren verdoppeln könnte.“ Aber die Gewinner sind nicht die Produzenten. „Die Unternehmen, die LNG nutzen werden, werden davon profitieren.“

Rich sieht auch Chancen in Branchen, von denen sich ESG-Investoren eigentlich abgewandt haben, allen voran im Bereich Rüstung. „Die Welt deglobalisiert sich. Trump hat eine Menge verändert“, sagte er. „Viele Leute dachten, das wäre schlecht für die internationalen Märkte, aber das Gegenteil ist der Fall.“

Er sieht in der raschen Trendwende im Rüstungsbereich, wie schnell Branchen wachsen können, wenn sich die politischen Prioritäten verschieben, und erwartet, dass viel Kapital in diese Richtung fließen wird, wenn die geopolitischen Spannungen zunehmen.

Autonome Kräfte

Varlet bestreitet, dass Subventionen oder politische Zyklen bestimmen, wo nachhaltiges Wachstum stattfindet. Die Kräfte, die die Wirtschaft reformieren, Demographie, Technologie, Klima und natürliche Ressourcen sowie Governance bewegen sich ihrer Meinung nach autonom.

„Diese Trends entstehen unabhängig von der Politik“, sagte sie. Überalterung, chronische Krankheiten, Klimaanpassung, Wasser- und Abfallwirtschaft, Elektrifizierung – keine dieser Entwicklungen hängt davon ab, wer das Weiße Haus oder den Élysée-Palast kontrolliert. Subventionen können den Weg vorübergehend unterbrechen, räumte sie ein, „…aber sie bestimmen nicht die langfristige Richtung.“

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